Kinder brauchen Bewegung!

Das spielerische "Sich-Bewegen" ist für die kindliche Entwicklung unerlässlich. Es bildet die Grundlage für die Gehirnentwicklung und ist damit Voraussetzung für die Entwicklung aller andern Bereiche. Die Bewegung in unebenem Gelände kräftigt die Muskulatur und stärkt den Gleichgewichtssinn. Gerade dem Gleichgewichtssinn wird eine Schlüsselfunktion in der kindlichen Entwicklung beigemessen.

"Das spielerische -Bewegen ist ebenso fundamental für die psychische Entwicklung des Kindes, weit bevor es sich in die Welt der Realität und Kultur begibt. Spielerisches- Bewegen ist für das Kind lebensnotwendig. Spielen heißt die eigene Existenz zu der Welt zu behaupten und zu bestätigen." (vgl. Bernard Aucouturier).

Durch den täglichen Aufenthalt in der Natur, finden die sonst gewohnten Stressfaktoren des Alltages, wie Lärm, Hektik oder Mangel an Bewegung weniger Raum. Das bewusste Erleben der Jahreszeiten und den damit verbunden Wetterlagen, wie Regen, Sonne, Wind, Kälte und Schnee, wirken sich positiv auf die Gesundheit der Kinder aus. Es entsteht eine Stärkung des Immunsystems.

"In den Wäldern sind Dinge, über die nachzudenken, man jahrelang im Moos liegen könnte." (Franz Kafka)

Der Wald regt die Neugierde der Kinder an und motiviert sie zu kreativem, lustvollem spielen. Der offene Raum gibt den Kindern ein Gefühl von Freiheit. Er ist ein angenehmer Platz für Lernprozesse des Kindes und der Kinder miteinander. Der Wald bietet Ruhe für kreatives und konzentriertes "In-Sich-Sein".

Durch das Spielen mit den vielfältigen Materialien, die der Wald uns zu Verfügung stellt, entsteht Neugierde, Entdeckungslust und soziales Miteinander.

Da sich das Spielmaterial - wie die Natur selbst - im stetigen Wandel befindet, agieren die Kinder neuen Situationen gegenüber oft spontan und flexibel.

Sie ziehen gemeinsam los, den Wald zu erforschen und wollen ihre Erfahrungen und neuen Entdeckungen miteinander teilen. So ist es durchaus möglich, dass ein Baumstamm von Kindern mit unterschiedlichen Spielideen besetzt wird, sie unabhängig voneinander spielen - egal wie laut sie sind, ohne sich von den Anderen gestört zu fühlen.

Genauso ist es für ein Kind im Wald möglich sich in einem Busch, hinter Bäumen, auf einer Wiese ungestört zurückzuziehen. Es entsteht ein natürlicher Rhythmus von Aktivität und Ruhe. Der Wald dient den Sinnen als ständige Quelle und "Nahrung". Optische und taktile Reize, Gerüche und Geräusche strömen auf uns ein. Wer Natur mit allen Sinnen erlebt und spürt, entwickelt auch ein Gespür für sich selbst. Die Jahreszeiten ermöglichen uns, wechselnde Naturerfahrungen und Veränderungen im Verhalten der Tiere und dem Wachstum der Pflanzen zu beobachten. Das tägliche Wetter bestimmt unseren Tagesablauf.

Wissen aneignen heißt hier Zusammenhänge, Gegensätze, Widersprüche, Ursache-Wirkungs-Prinzipien im wahrsten Sinne des Wortes begreifen zu lernen, und zwar mit allen Sinnen im eigenständigen erleben und tun. Die Kinder nähern sich Naturphänomenen als Entdecker und Erfinder und setzen sich schon im frühen Lebensalter mit wissenschaftlichen Fragen auseinander. Physikalische Phänomene wie die der Schwerkraft oder der der Statik werden z.B. beim Klettern auf Bäume oder beim Balancieren über Steine spielerisch untersucht.

Das Spielen in der Natur bedeutet immer auch ein Zerstören natürlicher Prozesse. Hier setzten sich Erzieherinnen und Kinder intensiv mit der Frage zum Naturschutz auseinander. Waldkinder lernen ökologische Zusammenhänge erkennen, wobei es in diesem Alter noch nicht um intellektuelles Wissen, sondern um den Aufbau der Beziehung zwischen Kind und Mitwelt geht.

Kinderhohes Dickicht ist die Kinderstube des Waldes und der Tiere, die hier Sichtschutz vor den Menschen suchen. Die kleinen Buchenkeimlinge und die winzigen Fichten stehen im Schutz der Mutterbäume und wollen später der Wald werden, in der die nächste Generation Kinder sich ebenso wohl fühlen und entwickeln mag. Neben dem Schutz und der Achtung des Waldes, lernen Kinder bei uns auch dessen Nutzung als einen Teil des Kreislaufes kennen. Wir sammeln immer wieder gemeinsam Pflanzen und Pflanzenteile, um etwas Leckeres, Nahrhaftes und Gesundes daraus zuzubereiten. Dabei lernen wir die Wertschätzung all der Dinge, die uns das Leben ermöglichen und wir überlegen gemeinsam, was wir geben bzw. was wir für ein anderes Lebewesen tun können.

Die Natur-Kind Beziehung pflanzt sich als Erfahrung tief in die Kinderherzen ein. Waldkinder lernen für das ganze Leben, ein Leben, das gerade in der heutigen Zeit mehr denn je bewusste und respektvolle Aufmerksamkeit und einen achtsamen Umgang im Miteinander braucht.

"Jedes Kind fängt in gewissem Sinn wieder die Welt von vorne an und ist am liebsten im Freien, selbst bei Nässe und Kälte. Seinem Instinkt folgend spielt es sowohl "Häuschen" wie "Pferdchen". Wer erinnert sich nicht daran, mit welchem Interesse er in seinen jungen Tagen ausgehöhlte Felsen ansah, oder alles, was nur in entferntester Ähnlichkeit mit einer Höhle hatte? Es war die Sehnsucht unserer frühesten Vorfahren, in der ein Teil noch in uns lebt." (Vgl. Henry D.Thoreau 1817-1862)

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